12 Jan
D-Mädels in Kirchzarten mit durchwachsenem Erfolg
Alle mal hergucken und lächeln!
28 Okt
SF Eintracht Freiburg - PTSV Jahn Freiburg 14:0
Man sieht auch schlecht aus und verliert hoch, hat aber was zu erzählen!
Rückblende: Im Oktober 1979, also vor ziemlich genau 40 Jahren, spielt ein kleiner Junge sein erstes Fußballspiel an der "Gaskugel" bei der und für die "Eintracht". Der Rasen ist tief, der Ball schwer und der Junge noch klein. Es ist ein wichtiges Spiel und es steht auf Messers Schneide. Der Kleine spielt im Sturm, er ist neu eingekauft und alle Hoffnungen liegen jetzt auf ihm. Da setzt er sich durch und steht vor dem Libero: Es ist ein Schrank. Und der macht die Türen auf und bringt den kleinen Jungen zu Fall. Keine drei Meter neben der gegnerischen Torlinie wimmert und krümmt er sich, aber kein Schiri pfeift und keiner kümmert sich. Und auch kein Tor. Aber es wird unruhig, es entstehen Lücken und die "Eintracht" erhöht den Druck. Der kleine Junge liegt immer noch dort, wo er in den Schrank gelaufen war. Da zieht einer ab und haut den Ball ins gegnerische Tor. Die Eintracht liegt vorne und der Junge immer noch da und deshalb pfeift der Schiri jetzt: "Abseits"! Ja, das war damals so. Abseits gab es immer, auch bei den Kleinsten - und ob das Stück Stoff da ins Spielgeschehen eingreift oder nicht, tut nichts zur Sache. Der kleine Junge wird angeraunzt: "Roll dich halt raus!", "das kostet uns jetzt den Sieg!" Das Spiel endet unentschieden und in irgendeiner lang vergessenen Tabelle fehlt der Eintracht 1 Punkt, denn ein Sieg brachte damals nur 2.
Und nun, 40 Jahre später, stehe ich wieder dort. Es fühlt sich an, als ob keine Zeit vergangen wäre. Alles sieht noch so aus wie früher, selbst die Gerüche sind die gleichen. Nur die Tennisanlage nebenan sieht jetzt runtergekommen aus. Ich halte Ausschau nach bekannten Gesichtern, aber ich finde keine. Aber in meinem Kopf sind sie da, meine alten Vorbilder und Vereinskollegen. Was wohl aus Heiko Süßlin geworden ist? Und wie stolz ich war, mit Patrick Baier zu kicken und mit Jogi Löw auf einem Platz zu stehen. Und wie toll ich es damals fand, wenn mein Vater abends auf dem Platz mit den Alten Herren neben mir trainierte und wie gut gelaunt er hinterher immer war.
So langsam trudeln die wenigen Mädels ein, die sich für das Ferienspiel angemeldet haben. Und ich weiß schon, was uns heute erwartet: Heute geht es nicht um Sieg oder Niederlage, heute geht es um den Untergang. Denn wir haben keine Wechsler, unerfahrene Spielerinnen und Verletzte. Aber alle müssen ran und nach exakt 14 Sekunden steht es 1:0 für die Eintracht. Die PT-Mädels sind vorbereitet. Sie nehmen den Ball und spielen wieder an. Es dauert nicht lange, da klappert es wieder. Und es klappert und klappert. Ich schaue auf meinen Zettel und rechne mir aus, wie viele Tore ich noch notieren kann, bis ich einen zweiten Zettel brauche und wo ich den ersten Zettel hinmache, damit ich ihn nachher wiederfinde. Als die erste Halbzeit durchgeklappert ist, ist noch Platz für zwei Tore.
Wir setzen uns an den Mittelkreis und ich packe die Gummibärchen aus. Die Gesichter glühen, aber Gummibärchen gehen immer. Jemand packt Schokolade aus und alle teilen. Es ist wie ein kleines Picknick mit Trinkflaschen und Jacken. Alle kauen und ich rede. Die Kinder hören mir zu. Keiner macht Scheiß. Ich erkläre den Kindern, wie es gleich weitergehen wird und das es hinten raus noch schwerer werden wird, denn wir werden durchglühen. Ich erkläre ihnen, wie wir verhindern wollen, dass wir in Unterzahl geraten und dass wir das jetzt einfach mitnehmen.
Dann geht es weiter. Die Sonne scheint und viele Eltern sind da. Es weht ein kleiner Hauch von Spätsommer über den Platz und nach dem Zucker gesellt sich der Hauch der Ironie mit ein. Manche Kinder machen Witzchen, alle können und wollen weiterkicken. Ich bin stolz auf die Mädels, auch, wenn ich bald den zweiten Zettel rausholen muss. Und nun entsteht die Magie. In neue Rollen gequetscht, wächst die eine und die andere über sich hinaus. Die Torhüterin hält alles, was haltbar ist. Andere setzen meine Kommandos von Außen 1:1 um, setzen nach, bis ich merke, dass ich langsam machen muss, weil ich sie sonst verheize. Andere übernehmen das erste Mal Verantwortung. Denn jeder weiß, heute wird alles gebraucht.
Ein paar mal setzen wir in der zweiten Halbzeit zum Kontern an, aber unsere Beine sind einfach zu kurz. Selbst, wenn der Ball exakt in die Schnittstelle kommt, auf den letzten 30 Metern zum gegnerischen Tor werden sie eingeholt. Und wenn es dann in die andere Richtung geht, dann schafft es unser Mittelfeld nicht mehr hinterher. Denn der Boden ist feucht und jeder Schritt kostet Kraft, weil man die Stollen aus dem schweren Boden ziehen muss, bevor der nächste folgen kann.
Nach exakt 30 Minuten und Null Sekunden der zweiten Halbzeit rufe ich zur Schiedsrichterin und deute auf die Uhr. Sie hört mich nicht, aber irgendwann hört es der gegnerische Trainer auf der anderen Seite und gibt ihr das Signal zum Abpfiff. Gut, denke ich, würde es jetzt unentschieden stehen, dann ja, aber so: nein.
Hinterher reicht es für jeden noch für eine Gummischlange. Ich habe Zeit, mich mit den Eltern zu unterhalten. Ich denke vielleicht, ich muss mich für meine Leitung schämen, die Eltern denken vielleicht, sie müssen sich für die Leistung ihrer Kinder schämen und die Kinder denken vielleicht, sie müssen sich vor den Eltern schämen. Diese Gedanken räume ich erst in mir und dann vor den anderen aus.
Mehr war heute nicht drin. Aber ich hole noch einmal die beiden Zettel raus und sage: Hier stehen jetzt 14 Tore drauf. Jedes Kind, das heute nicht da war, hat eines davon auf dem Gewissen. Ihr nicht! Ihr habt alles gegeben und habt so tapfer zu Ende gespielt, dass ich meine letzten Gummibärchen gerne hergebe. Und ich sage auch, dass ich aus dem Leistungsfußball komme und meine Maßstäbe anpassen lernen muss. Es sind Ferien und es sind Kindergeburtstage und beides ist gut und wichtig. Im Einzelnen trifft heute keinen eine Schuld, aber in der Masse war es zu viel.
Dafür gehe ich nach vielen Jahren meine alten Fotoalben wieder durch und finde ein Bild vom kleinen Klemens damals. Und das hätte ich niemals getan, wenn ich nicht mit euch kicken dürfte. Aber, ojemine, wenn ich den Ball nur wiedersehe, tut mir heute noch der Fuß weh.
Bericht Klemens Bobenhausen
Bild: Kurt Wolber +
03 Nov
Währenddessen gibt es einen Schauer und hinterher Süßigkeiten und Mittagsschlaf